Kiel – Wegen anhaltender Ausfälle der neuen batterieelektrischen Triebzüge, den sogenannten BEMUS, müssen sich Bahnreisende zwischen Kiel und Lübeck auch über Weihnachten und den Jahreswechsel auf Verspätungen und Ausfälle einstellen. Aktuell sind im Netz Ost nur knapp die Hälfte der Fahrzeuge der neuartigen Akkuzug-Flotte des Schienenfahrzeugherstellers Stadler einsatzbereit.
Auch die vom Land über die DB-Regio als Puffer vorgesehene Transferflotte von 12 Zügen für das Netz Ost ist langfristig nicht voll einsatzbereit.
Wie Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen heute (19. Dezember) nach einem Treffen mit dem CEO von Stadler Deutschland, Jure Mikolčić, sowie erixx-Holstein-Chef Rainer Blüm sagte, sei nicht vor dem 7. Januar mit einer ersten leichten Verbesserung der Situation zu rechnen. Frühestens dann endet der aktuelle erixx-Ersatzfahrplan.
Zwischen Kiel und Lübeck fahren die Züge von erixx Holstein derzeit nur im Stundentakt. Die Strecke Kiel-Oppendorf bedient das Unternehmen mit einem Schienenersatzverkehr. Zwischen Lübeck und Lüneburg fährt erixx Holstein gemäß Regelfahrplan im Stundentakt. „Wir hoffen, dass uns Stadler ab der zweiten Januar-Woche wieder genügend Fahrzeuge für einen regulären Fahrplan zur Verfügung stellt“, so erixx-Holstein-Geschäftsführer Blüm.
„Bis Stadler die Probleme halbwegs in den Griff bekommt, wird unsere NAH.SH zusammen mit erixx alle Bemühungen darauf richten, vor allem in den Stoßzeiten stabile und verlässliche Verbindungen mit ausreichender Kapazität anzubieten“, sagte Madsen. Er erinnerte daran, dass sich die Maluszahlung für den Schienenfahrzeughersteller für den holprigen Start des Großteils seiner bislang 34 an das Land für erixx Holstein und nordbahn ausgelieferten BEMUS absehbar auf eine Millionen-Strafe zubewege. „Der finanzielle Druck ist enorm“, sagte Madsen.
Laut Stadler betreffen die Probleme vor allem die Software der Züge. Dabei werde die interne Kommunikation zwischen verschiedenen Komponenten des Zuges gestört. Trete solch ein Fehler auf, müsse meist manuell ein Reset durchgeführt werden, bevor der Zug wieder fahren könne. Solche Kinderkrankheiten seien bei neu entwickelten Zügen nicht unüblich, heißt es von Stadler.
„Wir müssen uns zunächst bei den Fahrgästen, bei unserem Kunden NAH.SH und beim Land Schleswig-Holstein entschuldigen, dass es zu den aktuellen Ausfällen kommt“, sagte Mikolčić. „Die Einführung neuer Technologien kann immer mit Nachbesserungen verbunden sein, gerade bei einem komplexen Hochtechnologie-Produkt. Wir sehen, dass es Verbesserungsbedarf gibt, stellen aber die Qualität und die Fortschrittlichkeit der Technologie nicht infrage. Wir haben einen optimierten Fahrplan definiert, mit dem sukzessive zum Februar 2024 die notwendige Stabilität in der Verfügbarkeit der Fahrzeugflotte gewährleistet wird.“ Fehleranalysen der letzten Wochen hätten gezeigt, dass einige Fehler durch Softwareanpassungen scheinbar schneller gelöst werden können als befürchtet.
Mit Blick auf die Ersatz-Transferflotte des Landes sagte NAH.SH-Geschäftsführer Dr. Arne Beck: „Wir hatten bei DB und AKN bereits zusätzliche Transferflottenfahrzeuge angemietet, um den Puffer weiter zu vergrößern. Durch diese Maßnahmen konnten Fahrzeugausfälle leider offensichtlich nicht vollständig aufgefangen werden. Aktuell verhandeln wir daher außerdem mit der Nordbahn, ob wir einige von deren vertraglich zugesicherten BEMU-Zügen vorübergehend bei erixx einsetzen können, damit das Unternehmen auf eine größere Fahrzeugflotte zurückgreifen kann. Das könnte ab Januar zu weiteren Entlastungen führen.“ Denn derzeit fallen Fahrzeuge der Transferflotte – aufgrund von umfangreichen Schäden und einer angespannten Ersatzteillage – auch längerfristig aus.
Wie Beck weiter sagte, werde auch mit Hochdruck an einer Verbesserung der derzeit unzureichenden Fahrgastinformation auf der Strecke gearbeitet: „Leider ist das ein sehr komplexes System mit vielen Schnittstellen, so dass nötige Informationen momentan oft nicht in Echtzeit geliefert werden. Wir empfehlen derzeit allen Reisenden, sich über Zugausfälle und Verspätungen über den DB-Navigator zu informieren, da die Datenlage dort am besten ist. Wir arbeiten daran, dass unsere Auskunft wieder besser wird.“