Kiel – Land und Bund setzen ihre Investitionsoffensive in das norddeutsche Verkehrsnetz ungebremst fort: „Unser Landesbetrieb hat letztes Jahr in Bundes-, Landes- und Kreisstraßen rund 255 Millionen Euro gesteckt, rund ein Viertel mehr als im Vorjahr“, sagte Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen heute (26. Februar) in Kiel.
In die Autobahnen im norddeutschen Raum seien 2023 rund 215 Millionen Euro und damit ein Drittel mehr als noch 2022 investiert worden. „Und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir dieses Jahr einen Rekord-Betrag von über 400 Millionen Euro in Modernisierung und Erhalt unseres Verkehrsnetzes stecken werden – den Ersatzbau der Rader Hochbrücke nicht einmal mitgerechnet“, so Madsen.
Allein in die Landesstraßen und das schleswig-holsteinische Radwegenetz sollen dieses Jahr 98 Millionen Euro und in Bundesstraßen rund 96 Millionen Euro investiert werden.
Für Erhalt und Ausbau des norddeutschen Autobahnnetzes in Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen hat die Autobahngesellschaft des Bundes für 2024 gut 220 Millionen Euro veranschlagt. Die Eckpunkte des 2024er Bauprogramms stellte Madsen zusammen Frank Quirmbach (Direktor Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein, LBV.SH), Dr. Benedikt Zierke (DEGES-Projektleiter) und Carsten Butenschön (Niederlassungsdirektor Nord der Autobahn GmbH des Bundes) vor.
Als erfreulich bezeichnete es Madsen, dass es trotz der Kürzungen im Landeshaushalt und beim LBV.SH geglückt sei, das Investitionsvolumen weitgehend auf dem hohen Niveau der Vorjahre zu halten: „Allein mit den 80 Millionen Euro für die Reparatur von Landesstraßen und 18 Millionen Euro für den Radwegebau investieren wir teils viermal so viel wie noch Anfang der 2000er Jahre.“ Hinzu kämen 20 Millionen Euro für die Sanierung von Kreisstraßen sowie 96 Millionen Euro Bundesmittel für den Neubau und die Erhaltung von Bundesstraßen. Madsen: „Damit liegt allein die Investitionssumme unseres Landesbetriebs bei rund 214 Millionen Euro.“
Für Carsten Butenschön von der Autobahn GmbH des Bundes liegt der Fokus in diesem Jahr auf dem weiteren Ausbau der Bundesstraße B 404 zur Autobahn A 21, der mit großen Schritten vorangehe. So wurden die für die langsamen Verkehre notwendigen Straßen im nachgeordneten Netz bereits in Betrieb genommen. An der Fertigstellung der A 21 zwischen Klein Barkau und Stolpe in 2026 halte er fest. Zudem erwarte die Niederlassung Nord zwei Planfeststellungsbeschlüsse für die A 20 in Niedersachsen.
Butenschön: „Wir erhoffen uns Ende 2024, Anfang 2025 Baurecht, insbesondere für das Kreuz Kehdingen, das wie der Abschnitt 7 in Schleswig-Holstein Voraussetzung für den Bau des Tunnels bei Glückstadt ist. Daneben investieren wir nach einem Winter, der uns massive Fahrbahnschäden beschert hat, prioritär in die Erhaltung.“
Dazu zählen neben den Investitionen in Fahrbahnen auch die eng getakteten Prüfungen des bestehenden Brückenbauwerks Rader Hochbrücke, wie notwendigen Sanierungen und Ersatzneubauvorhaben bei den Bestandsbrücken, wie beispielsweise in Reinfeld, Owschlag, Bordesholm, Seeretz oder dem Autobahnkreuz Bargteheide. Butenschön: „Neben Sanierung und Neubau investieren wir in die Zukunft der Mobilität und treiben die Planungen für die flächendeckende Ladeinfrastruktur entlang der Autobahnen in diesem Jahr bis zur Umsetzung in 2025 voran.“
Herausragende Vorhaben der von Autobahn GmbH und Land beauftragten Projektmanagementgesellschaft DEGES sind nach den Worten von Projektleiter Dr. Benedikt Zierke auch 2024 vor allem der Neubau der Rader Hochbrücke, der Ausbau der Bundesstraße B 207 auf Fehmarn sowie die weitere Planung der Autobahn A 20. Zierke erinnerte daran, dass vor gut einem Jahr der Planfeststellungsbeschluss für den Elb-Abschnitt der Autobahn erlassen wurde. Im April werde das Bundesverwaltungsgericht über zwei Klagen gegen den Abschnitt verhandeln. Für die Abschnitte 3 (Bad Segeberg) und 7 (Kreis Steinburg) werden laut Zierke in diesem Jahr ebenfalls die Planfeststellungsbeschlüsse erwartet. „Ich bin deshalb zuversichtlich, dass wir Anfang 2025 an der A 20 loslegen können, so die betreffenden Beschlüsse nicht erneut beklagt werden“, sagte Zierke.
Auch von der Rader Hochbrücke gibt es gute Nachrichten. Laut Zierke sollen nach Ostern von der Nordseite die ersten Stahlteile in Richtung Borgstedter Enge geschoben werden. Auf der Baustelle habe sich in den vergangenen Monaten viel getan – trotz teilweise äußerst widriger Wetterbedingungen seien im gesamten zukünftigen Brückenverlauf die Pfeilergrundierungen fast komplett abgeschlossen worden. Zierke: „Auf dem Südufer des Kanals sind Widerlager und Taktschiebekeller im Werden und aus der Luft bereits deutlich zu erkennen, auf der Rader Insel gehen die Arbeiten ebenfalls gut voran.“
Entlang der B 207 auf Fehmarn hat die DEGES inselseitig die Böschung links und rechts der Strecke freigemacht. Bereits abgeschlossen wurden die archäologischen Arbeiten in Avendorf, die Baufeldfreimachung im Bereich Puttgarden, das Anlegen von Drainagen sowie die Vorbereitungen für die Errichtung der Brücke, die die Kreisstraße K 49 über die zukünftige B 207 führen soll. „In diesem Jahr folgen die sichtbaren Arbeiten von Avendorf bis Puttgarden inklusive der ersten Bauwerke“, sagte Zierke.
Die Kernpunkte des Arbeitsprogramms des LBV.SH liegen nach den Worten von Direktor Frank Quirmbach auf der Erhaltung des knapp 3.700 Kilometer langen Landesstraßennetzes sowie beim weiteren Ausbau der Bundesstraßen B 5, B 404 und Ortsumgehung B 209. „Doch bei allen Sparzwängen: Die umfängliche Aufarbeitung des jahrzehntelangen Sanierungsstaus an unseren Landesstraßen ist ja noch nicht abgeschlossen. Und gerade ein solcher Winter wie der derzeitige setzt allen Straßen massiv zu. Die zahlreichen Schlaglochpisten zeigen uns, dass das Engagement hier keinesfalls nachlassen darf“, so Quirmbach.
Mit Blick auf die überbordende Bürokratie und das schwerfällige deutsche Planungsrecht, das den Start von Neubauvorhaben oft über Jahre verzögere, erinnerte Madsen an eine von ihm angestoßene Bundesratsinitiative. „Durch Änderung und Ergänzung von 18 Bundes- und Landesgesetzen könnten Ausbauprojekte im Bereich der Energieversorgung und des Küstenschutzes sowie der Straßen-, Hafen und Schieneninfrastruktur künftig deutlich schneller geplant und umgesetzt werden“, sagte er. Nun sollen die von seinem Haus erarbeiteten Vorschläge konkretisiert, mit dem Bund abgestimmt und rasch umgesetzt werden. Bund und Länder hätten zudem im November einen „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ angeschoben. „Er soll dazu beitragen, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland wettbewerbsfähig bleibt“, so Madsen. Erste Ergebnisse dazu sollen im Laufe des Frühjahrs vorliegen.