Kiel – Nach mehrmonatiger Pause ohne Geflügelpest hat das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) den Erreger des Subtyps H5N1 bei einem Wildvogel in Schleswig-Holstein bestätigt. Proben der im Kreis Nordfriesland verendet aufgefundenen Pfeifente wurden im Rahmen des ganzjährig in Schleswig-Holstein stattfindenden Wildvogel-Monitorings am Landeslabor Schleswig-Holstein untersucht und an das FLI weitergeleitet. Es handelt sich um den ersten Nachweis von Geflügelpest in Schleswig-Holstein seit Mitte Juni.
Die weitere Entwicklung wird von den zuständigen Behörden in Schleswig-Holstein intensiv beobachtet. Derzeit wird lokal begrenzt eine geringe Anzahl von Totfunden verzeichnet, weitere Proben wurden daher bereits zur Untersuchung entnommen. Der aktuelle Nachweis der Geflügelpest bei einem Wildvogel in Schleswig-Holstein kann ein erster Hinweis auf mögliche weitere Nachweise sein.
Alle Geflügelhalterinnen und –halter werden daher zum Schutz ihrer Tiere aufgerufen, ihre betrieblichen Biosicherheitsmaßnahmen kritisch zu prüfen, wo nötig zu optimieren und konsequent umsetzen. Es gilt den direkten und indirekten Kontakt von Hausgeflügel und Wildvögeln zu vermeiden. Bei unter anderem erhöhten Tierverlusten im Bestand oder klinischen Anzeichen, die auf Geflügelpest schließen lassen, sind zudem eine veterinärmedizinische Untersuchung vorgeschrieben, um ein unklares Krankheitsgeschehen im Bestand abzuklären und das Vorliegen einer Infektion mit Geflügelpestviren auszuschließen. Auch beim Zukauf von Geflügel sollte darauf geachtet werden, ausschließlich gesunde Tiere zu erwerben. Für weitere Fragen oder falls die Geflügelhaltung bislang nicht beim zuständigen Veterinäramt und/oder Tierseuchenfonds registriert worden ist, sollte ein Kontakt zum Veterinäramt gesucht und die Registrierung bei der jeweiligen Stelle nachgeholt werden.
Das Geflügelpest-Geschehen 2020/2021 stellt das bislang größte, schwerste und am längsten andauernde Geschehen dar. Seit den ersten Ausbrüchen Ende Oktober 2020 wurde das Geflügelpestvirus bis Mitte Juni 2021 bei rund 700 Wildvögeln in Schleswig-Holstein bestätigt. In allen Kreisen und kreisfreien Städten des Landes wurde die Tierseuche amtlich festgestellt.
Im bundesweiten Vergleich war Schleswig-Holstein als erstes Bundesland und mit mehr als der Hälfte aller in Deutschland bestätigten Fälle am stärksten von der Geflügelpest bei Wildvögeln betroffen. Tausende verendete Wildvögel wurden vor allem entlang der Westküste, aber auch in den übrigen Landesteilen geborgen, um die Ansteckungsgefahr für weitere Vögel zu reduzieren. Dank einer strikten und konsequenten Seuchenvorsorge und -bekämpfung konnte trotz des hohen Erregerdrucks in der Umwelt die Anzahl der Ausbrüche in Hausgeflügelhaltungen auf insgesamt 10 beschränkt werden, wobei gleichermaßen nicht-kommerzielle Privathaltungen und kommerzielle Betriebe verschiedener Größen betroffen waren. Bundesweit wurde der Geflügelpesterreger in über 250 Hausgeflügelhaltungen amtlich festgestellt. In Schleswig-Holstein wurde zudem der Geflügelpesterreger des Subtyps H5N8 bei drei im Sommer 2021 im Wattenmeer verendet aufgefundenen Seehunden nachgewiesen.
Hintergrund:
Die hochpathogene aviäre Influenza der Subtypen H5 und H7, auch Geflügelpest genannt, ist eine Tierseuche, die bei gehaltenen Vögeln und Wildvögeln nach teilweise schweren Krankheitsverläufen zu massenhaftem Verenden führen kann. Als natürliches Reservoir für Geflügelpestviren gelten Wildvögel, insbesondere Wasservögel, die den Erreger auch während des Vogelzugs über weite Strecken verbreitet können.
Das FLI stellt in seiner aktuellen Risikoeinschätzung dar, dass vereinzelte, jedoch konstante Erregernachweise bei erkrankt oder verendet aufgefundenen wilden Wasser- und Greifvögeln in Nordeuropa auch in den Sommermonaten darauf schließen lassen, dass das Virus im europäischen (Ost- und Nordsee-) Raum nach wie vor zirkuliert. Zudem erfolgten in den letzten Wochen sporadische Ausbrüchen bei Geflügel bzw. gehaltenen Vögeln (Kleinhaltungen) unter anderem in den Nachbarstaaten Polen und Belgien. Zuziehende Wasservögel aus Skandinavien und dem Baltikum können die Verbreitung begünstigen. Darüber hinaus lassen die derzeitigen Geflügelpestausbrüche im westlichen Teil Russlands und bei Wildvögeln in der Nähe der Grenze zu Nordkasachstan vermuten, dass sich weitere Viren im Zusammenhang mit dem beginnenden Herbstzug von Wasservögeln erneut nach Europa ausbreiten.
Weitere Informationen:
Die Risikoeinschätzung des FLI:
Informationen der Landesregierung:
Informationen des FLI:https://www.fli.de/de/aktuelles/tierseuchengeschehen/aviaere-influenza-ai-gefluegelpest/