Eutin – Der Kreis Ostholstein hat am 15.1.2021 eine neue Allgemeinverfügung über die Anordnung zur Absonderung (Isolation oder Quarantäne) wegen einer Erkrankung durch das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) oder der Einstufung als Kontaktperson der Kategorie I in einer geeigneten Häuslichkeit erlassen. Sie gilt seit heute, 16.1.2021 0.00 Uhr.
Gemäß §§ 28a Absatz 1, 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 in Verbindung mit § 30 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – lfSG) in Verbindung mit § 106 Absatz 2 des Allgemeinen Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz – LVwG) wird folgende Allgemeinverfügung erlassen:
1. Personen,
a. die Kenntnis davon haben, dass eine nach Inkrafttreten dieser Allgemeinverfügung bei ihnen vorgenommene molekularbiologische Untersuchung auf das Vorhandensein von SARS-CoV-2-Viren ein positives Ergebnis aufweist (positiv getestete Personen)
oder
b. die Kenntnis davon haben, dass ein nach Inkrafttreten dieser Allgemeinverfügung durchgeführter SARS-CoV-2-Antigenschnelltest auf das Vorhandensein
von SARS-CoV-2-Viren ein positives Ergebnis aufweist
oder
c. die Kenntnis davon haben, dass sie nach den Vorgaben des Robert-Koch-Institutes (RKI) als Kontaktpersonen der Kategorie I einzustufen sind
oder
d. denen vom Fachdienst Gesundheit des Kreises Ostholstein mitgeteilt wurde,
dass aufgrund einer bei ihnen vorgenommenen molekularbiologischen Untersuchung das Vorhandensein von SARS-CoV-2-Viren nachgewiesen wurde (positiv getestete Personen),
sind verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnisnahme auf direktem Weg in ihre Häuslichkeit zu begeben und sich bis zu einer Anordnung nach Ziffer 6 ständig dort abzusondern/aufzuhalten (häusliche Isolation/Quarantäne).
2. 1Die unter Ziffer 1 Buchstabe b genannten Personen, dürfen zur Durchführung einer molekularbiologischen Untersuchung auf SARS-CoV-2-Viren ihre Häuslichkeit einmalig verlassen. 2Dies darf nur unter Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung ohne Nutzung
des ÖPNV und auf dem direkten Hin- und Rückweg erfolgen. Unterbrechungen aus anderen Zwecken sind nicht gestattet.
3. 1Die unter Ziffer 1 Buchst. a bis c genannten Personen sind verpflichtet, sich unverzüglich
beim Fachdienst Gesundheit des Kreises Ostholstein unter buergertelefon-oh@kreisoh.de oder unter 04521 / 788 755 zu melden; aufgrund der hohen Auslastung der Telefone wird darum gebeten, nach Möglichkeit die E-Mail-Adresse zu nutzen. 2Folgende Daten müssen mittgeteilt werden:
̶ Vor- und Nachname,
̶ Geburtsdatum,
̶ Telefonische Erreichbarkeit,
̶ Anschrift,
̶ Einordnung der eigenen Person (Ziffer 1 Buchst. a – c),
̶ Krankheitssymptome inkl. Mitteilung des Tages des ersten Auftretens,
̶ Tag des Testes,
̶ Vor- und Nachname, von allen im Haushalt lebenden Personen.
4. Die unter Ziffer 1 Buchst. a bis d genannten Personen sind verpflichtet, folgende Verhaltensmaßnahmen einzuhalten:
̶ Kein enger körperlicher Kontakt zu Familienangehörigen / anderen Personen.
̶ Ein Abstand von > 1,50 – 2,00 m zu allen Personen ist einzuhalten.
̶ Tragen eines eng anliegenden Mund-Nasen-Schutzes, wenn es unvermeidlich
ist, den Raum mit Dritten zu teilen. Der Mund-Nasen-Schutz ist bei Durchfeuchtung, spätestens nach zwei Stunden zu wechseln.
̶ Die vorgenannten Unterpunkte gelten nicht bei Personen, die persönliche Zuwendung oder Pflege brauchen oder diese durchführen und sich im gleichen
Haushalt befinden (engster Familienkreis). Die Kontakte sind auf das notwendige Maß zu reduzieren.
̶ Führen eines Tagebuchs bezüglich ihrer Symptome, Körpertemperatur, allgemeinen Aktivitäten und Kontakten zu weiteren Personen. Die Körpertemperatur ist zweimal täglich zu messen.
̶ Bei Auftreten von Symptomen wie Fieber oder erhöhter Temperatur, Husten, Reizung des Rachens oder Schnupfen ist unverzüglich der Fachdienst Gesundheit
des Kreises Ostholstein unter buergertelefon-oh@kreis-oh.de oder unter 04521-788755 zu informieren; aufgrund der hohen Auslastung der Telefone wird darum gebeten, nach Möglichkeit die E-Mail-Adresse zu nutzen.
5. 1Den unter Ziffer 1 Buchst. a bis d genannten Personen wird nach § 31 lfSG die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit untersagt. 2Ausgenommen ist Home-Office, wenn dies ohne Kontakt zu anderen Personen durchgeführt werden kann.
6. Die Anordnung zur Absonderung gilt solange, bis sie vom Fachdienst Gesundheit des Kreises Ostholstein wieder aufgehoben wird.
7. Die Allgemeinverfügung des Kreises Ostholstein über die Anordnung zur Absonderung (Isolation oder Quarantäne) wegen einer Erkrankung durch das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) oder der Einstufung als Kontaktperson der Kategorie I in einer geeigneten Häuslichkeit des Kreises Ostholstein vom 18.12.2020 wird aufgehoben.
8. Diese Allgemeinverfügung gilt ab 16.1.2021, 0.00 Uhr. Sie tritt mit Ablauf des 15.3.2021 außer Kraft.3Eine Verlängerung ist möglich.
9. Zuwiderhandlungen können nach § 73 Absatz 1a Nr. 6 lfSG mit einem Bußgeld bis zu 25.000 € geahndet werden.
10. Die Anordnung ist gemäß § 28 Absatz 3 in Verbindung mit § 16 Absatz 8 lfSG sofort vollziehbar.
Begründung
Rechtsgrundlage für die getroffenen Maßnahmen ist § 28a Absatz 1, § 28 Absatz 1 i. V. m
30 Absatz 1 Satz 2 lfSG. Nach § 28a Absatz 1,§ 28 Absatz 1 Satz 1 lfSG hat die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen zu treffen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Nach § 28a Absatz 1, § 28 Absatz 1 Satz 2 lfSG kann die zuständige Behörde Veranstaltungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 lfSG genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen; sie kann auch Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind.
Nach § 31 lfSG, kann die zuständige Behörde Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten ganz oder teilweise untersagen. Dies gilt auch für sonstige Personen, die Krankheitserreger so in oder an sich tragen, dass im Einzelfall die Gefahr einer Weiterverbreitung besteht.
Bei der Erkrankung durch das neuartige Coronavirus handelt es sich um eine Krankheit, die durch Krankheitserreger (Viren) verursacht wird, welche durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen werden. Eine Übertragung durch Tröpfcheninfektion ist durch den Kontakt zu an dem neuartigen Coronavirus Erkrankten oder durch den Kontakt mit deren Erbrochenem, Stuhlgang oder anderen Körperflüssigkeiten möglich. Da derzeit weder ein hinreichender Schutz der Bevölkerung durch Impfen, noch ein in Deutschland zur Behandlung zugelassenes Medikament zur Behandlung zur Verfügung steht, kommt der Verhinderung der Ansteckung Gesunder durch das Virus besondere Bedeutung zu.
Kranker im Sinne des § 2 Nr. 4 lfSG ist eine Person, die an einer übertragbaren Krankheit erkrankt ist. Es handelt sich um eine nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 lfSG i. V. m. § 1 Absatz 1 Satz 1 der Verordnung über die Ausdehnung der Meldepflicht nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und § 7 Absatz 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes auf Infektionen mit dem erstmals im Dezember 2019 in Wuhan/Volksrepublik China aufgetretenen neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) meldepflichtige Erkrankung, die als hoch ansteckend gilt.
Gemäß § 2 Nr. 7 lfSG gilt eine Person als Ansteckungsverdächtiger, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein. Personen, die gemäß den RKI-Vorgaben als Kontaktpersonen der Kategorie I einzustufen sind, gelten durch den Kontakt zu einer an dem neuartigen Coronavirus erkrankten Person als ansteckungsverdächtig. Das sind Personen mit ≥ 15 Minuten „face-to-face Kontakt“, und/oder einer längeren Exposition im Raum (z. B. 30 Minuten) mit hoher Konzentration infektiöser Aerosole und/oder einem direkten Kontakt zu Sekreten. Eine konkrete Definition kann beim RKI abgerufen werden (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Kontaktperson/Management.html;jsessionid=01906ADFC8CD95A5CD5B20AED10134BD.internet121#doc13516162bodyText8).
Um die Ausbreitung dieser Krankheit wirksam eindämmen zu können, räumt das lfSG den zuständigen Behörden sehr umfassende Rechte ein, konkrete Maßnahmen zur Gefahrenabwehr anzuordnen. Dazu zählen insbesondere:
̶ die Pflicht zur Duldung von Untersuchungen, einschließlich Blutentnahme,
̶ umfassende Auskunftspflichten zum Gesundheitszustand,
̶ Anordnungen, sich an einem festgelegten Ort aufzuhalten.
Das lfSG sieht in den §§ 28 – 30 ausdrücklich vor, dass die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz), der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 Grundgesetz) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 Grundgesetz) eingeschränkt werden dürfen.
Die Anordnung, sich in der eigenen Häuslichkeit aufzuhalten und diese ohne Genehmigung nicht zu verlassen, ist aufgrund der bei den unter den Ziffern 1 Buchst. a bis d genannten Personen festgestellten Erkrankung oder der Tatsache, dass diese als Ansteckungsverdächtige gemäß RKI-Vorgaben einzustufen sind, zum Schutze der Allgemeinheit geeignet und erforderlich, um die Verbreitung des neuartigen Coronavirus wirksam zu bekämpfen und um eine Ausbreitung zu verhindern. Das seitens des Gesetzes eingeräumte Ermessen erfolgt demgemäß pflichtgemäß und rechtmäßig.
Nach § 30 Absatz 1 Satz 2 IfSG können ansteckungsverdächtige Personen „in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise abgesondert werden“. Die Absonderung in der eigenen („ihrer“) Häuslichkeit ist erforderlich, um eine Nachprüfbarkeit der Vorgaben sowie der Angaben sicherzustellen und die Kontaktaufnahme für eventuelle weitere Anordnungen durchführen zu können.
Vor dem Hintergrund der weiterhin sehr dynamischen Verbreitung von Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus und Erkrankungen an COVID-19 müssen nach wie vor umfänglich wirksame Maßnahmen zur Verzögerung der Ausbreitungsdynamik und zur Unterbrechung von Infektionsketten durchgeführt werden. Weitreichende effektive Maßnahmen sind dazu dringend notwendig, um im Interesse des Gesundheitsschutzes die dauerhafte Aufrechterhaltung der wesentlichen Funktionen des Gesundheitssystems sowie der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Schleswig-Holstein soweit wie möglich sicherzustellen. Die großflächige Unterbrechung, Eindämmung bzw. Verzögerung der Ausbreitung des neuen Erregers im Land stellt
– über die bereits ergriffenen Maßnahmen hinaus
– das einzig wirksame Vorgehen dar, um diese Ziele zu erreichen.
Unter Berücksichtigung der nach wie vor hohen Arbeitsauslastung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, werden zur Sicherstellung der Unterbrechung, Eindämmung bzw. Verzögerung der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus obenstehende Maßnahmen getroffen.
Die Allgemeinverfügung findet ihre Grundlage in §§ 28a Absatz 1, 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 lfSG. Zuwiderhandlungen sind daher bußgeldbewehrt nach§ 75 Absatz 1 Nr. 1 lfSG.
Die Anordnung ist gemäß § 28 Absatz 3 in Verbindung mit § 16 Absatz 8 lfSG sofort vollziehbar. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen haben keine aufschiebende Wirkung.
Weitere Hinweise zum Infektionsschutz:
̶ Nach Möglichkeit sollte im Haushalt eine zeitliche und räumliche Trennung zu nichtpositiven Haushaltsmitgliedern eingehalten werden. Eine zeitliche Trennung kann z. B.
dadurch erfolgen, dass die Mahlzeiten nicht gemeinsam, sondern nacheinander eingenommen werden. Eine räumliche Trennung kann z. B. dadurch erfolgen, dass Sie sich in unterschiedlichen Räumen aufhalten.
̶ Achten Sie jederzeit auf die Husten- und Nies-Etikette und nutzen Sie Einmaltaschentücher.
̶ Der Kontakt zu Mitbewohnern und Angehörigen sollte auf das Notwendigste beschränkt werden, wobei die o. g. Verhaltensmaßnahmen eingehalten werden sollten.
̶ Hygieneartikel sollten nicht mit anderen Haushaltsmitgliedern geteilt werden.
̶ Geschirr und Wäsche sollten ebenfalls nicht mit Haushaltsmitgliedern oder Dritten geteilt werden, ohne diese Gegenstände zuvor zu waschen. Wäsche, die mit dem Intimbereich in Kontakt kommt, sollte bei mindestens 60°C gewaschen werden.
̶ Oberflächen, mit denen Personen häufig in Berührung kommen, sollten regelmäßig mit Haushaltsreiniger oder Flächendesinfektionsmittel gereinigt werden.
̶ Achten Sie auf regelmäßiges Händewaschen, insbesondere vor und nach der Zubereitung von Speisen, dem Essen und dem Toilettengang.
̶ Sie sollten für regelmäßige Lüftung der Wohn- und Schlafräume sowie der Küche und dem Badezimmer sorgen.
̶ Erledigen Sie Ihre Einkäufe online oder lassen diese durch Dritte erledigen.
̶ Ein direkter Weg bedeutet im Zweifelsfall die Nutzung eines Taxis oder eigenen Fahrzeugs, nicht aber die Nutzung des ÖPNV.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch beim Kreis Ostholstein, Der Landrat, Lübecker Str. 41, 23701 Eutin, erhoben werden.
Hinweis
Diese Allgemeinverfügung ist gemäß § 28 Absatz 3 i. V. m. § 16 Absatz 8 IfSG sofort vollziehbar. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung. Daher muss auch bei Einlegung eines Rechtbehelfs, den Anordnungen Folge geleistet werden.
Auf Antrag kann die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ganz oder teilweise angeordnet werden. Der Antrag ist beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht, BrockdorffRantzau-Str. 13, 24837 Schleswig zu stellen.
Eutin, 15.1.2021
Kreis Ostholstein
Der Landrat
Fachdienst Gesundheit
Reinhard Sager
Landrat