Lübeck – Am 20. September steht der Weltkindertag unter dem Motto „Gemeinsam für Kinderrechte“. Ein Tag, der auf die Rechte von Kindern aufmerksam machen und sie mit ihren individuellen Bedürfnissen in den Fokus rücken soll.
Laut UN-Kinderrechtskonvention (20.11.1989) gelten der Schutz der Kinder vor körperlicher und seelischer Gewaltanwendung, Misshandlung, Verwahrlosung und sexuellem Missbrauch als Standard. Ferner begründet sich in der Konvention das Recht auf gewaltfreie Erziehung, Gesundheit und ein sicheres Zuhause.
Die Polizei wird dienstlich so gut wie täglich mit Situationen konfrontiert, in denen diese Rechte der Kinder missachtet werden. Insbesondere im Zusammenhang mit (Ex-)Partnerschaftsgewalt, sogenannte häuslicher Gewalt, findet sich eine Vielzahl mitbetroffener Kinder – denn das Miterleben von häuslicher Gewalt stellt immer den Verdacht einer Kindeswohlgefährdung dar.
Kinder oft mitbetroffen von häuslicher Gewalt
Exemplarisch sei erwähnt, dass allein im örtlichen Zuständigkeitsbereich einer Lübecker Dienststelle im August 2022 insgesamt 28 Kinder und Jugendliche im Alter von 2 bis 17 Jahren Mitbetroffene von häuslicher Gewalt waren und diese in den meisten Fällen als Augen- oder Ohrenzeuge miterleben mussten. Und das sind nur die Fälle, in denen die Polizei gerufen wurde.
Gleichwohl die einschreitenden Polizeibeamtinnen und -beamten aufgefordert sind, im Akuteinsatz die Belange von anwesenden Kindern und Jugendlichen zu berücksichtigen, lässt die Einsatzsituation vor Ort das intensive Eingehen auf die mitbetroffenen Kinder manchmal nicht zu oder Sprachbarrieren und Ängste der Kinder verhindern eine aktive Kontaktaufnahme.
Am Einsatzort fehlt situationsbezogene Kinderbetreuung
Zwar wird im Anschluss an einen polizeilichen Einsatz nicht nur im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt eine verlässliche Intervention durch ein Zusammenwirken verschiedenster Behörden und Institutionen gewährleistet, doch unmittelbar am Einsatzort fehlt eine situationsbezogene Betreuung der Kinder. Um in dieser für alle Beteiligten schwierigen Situation zumindest ein bisschen Unterstützung zu bieten, beteiligt sich die Polizeidirektion Lübeck an der bundesweiten „Aktion 110“ einer Hamburger Kollegin.
Die „Aktion 110“ bietet die Möglichkeit, Kindern, die akut eine beängstigende oder bedrohliche Situation erlebt haben, im Rahmen des polizeilichen Einsatzes einen sogenannten Tröste- oder Mutmachstein zu überreichen. Die Steine weisen neben einem kinderechten Motiv ferner die Notrufnummer 110 auf. Den betroffenen Kindern kann in der Akutsituation vor Ort durch Überreichen eines Mutmachsteins ein kleiner Trost gegeben und zeitglich die Notrufnummer 110 präsent gemacht werden. Der Stein dient zugleich als Einstieg in ein Gespräch, wie sich das Kind Hilfe holen kann.
Unter Federführung der Hamburger Initiatorin der „Aktion 110“ malen bundesweit verschiedene Steinemalgruppen für die überörtliche Kampagne. Von diesen kreativ bemalten Tröstesteinen wurden nunmehr auch der Polizeidirektion Lübeck eine Vielzahl übergeben. Zudem wurde die „Aktion 110“ durch sechs Frauen von Soroptimist International, Club Lübeck/Bad Schwartau (weltweites Netzwerk berufstätiger Frauen) und sechs Mitgliedern der Malgruppe Groß Sarau – im Alter zwischen 30 und 82 Jahren – ehrenamtlich unterstützt, so dass hier nochmals 317 Mutmachsteine bemalt werden konnten.
Alle Steine werden in den kommenden Tagen an die Polizeidienststellen der Polizeidirektion Lübeck übergeben, damit dann schon beim nächsten Einsatz gegebenenfalls ein kleines Lächeln oder ein Trost durch die einschreitenden Kolleginnen und Kollegen bei den Kindern ausgelöst werden kann. Ein Aushändigen der Steine ist neben Einsätzen rund ums Themenfeld häusliche Gewalt auch in anderen Situationen denkbar: Verkehrsunfälle, ein Kind, das sich verlaufen hat, Anwesenheit bei Vernehmung der Eltern – rundum all‘ die Situationen, in denen die Polizei im klassischen Sinne als Freund und Helfer im Einsatz ist.