Köln – Die Berichterstattung über die Corona-Pandemie dominiert seit Monaten die deutschen Medien – und wird von den Deutschen je nach Medium sehr unterschiedlich bewertet. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie von Infratest dimap im Auftrag des WDR.
In der Zusammenfassung ergibt sich dieses Bild:
– Die Corona-Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und in Tageszeitungen beurteilen die Deutschen überwiegend positiv.
– Insgesamt halten zwei Drittel die Informationen in deutschen Medien für glaubwürdig – so viele wie noch nie.
– Tageszeitungen und öffentlich-rechtliche Sender schätzen drei Viertel beziehungsweise vier Fünftel als glaubwürdig ein, Boulevardpresse und soziale Medien werden größtenteils als „weniger glaubwürdig“ beurteilt.
82 Prozent der Befragten beurteilen die Corona-Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen als gut oder sehr gut, 74 Prozent die im öffentlich-rechtlichen Radio. Auch die Berichterstattung von Tageszeitungen (68 Prozent) und in den Internetangeboten der öffentlich-rechtlichen Sender (56 Prozent) schneidet überwiegend positiv ab. Mit 33 Prozent mehrheitlich als schlecht oder weniger gut bewertet wird hingegen die Corona-Berichterstattung der Boulevardpresse. Nur elf Prozent der Befragten finden diese gut oder sehr gut.
Insgesamt erreicht die Glaubwürdigkeit der Medien in Deutschland im Vergleich zu den Vorgängerstudien aus den Jahren 2015, 2016, 2018 und 2019 einen neuen Höchstwert: 67 Prozent der Deutschen halten die Informationen in deutschen Medien für glaubwürdig. Das sind sechs Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr. Verglichen mit dem Beginn der Studienreihe im Jahr 2015 ist der Wert sogar um 15 Prozentpunkte gestiegen.
„Diese Studie ist zuallererst ein großes Kompliment an die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten in diesem Jahr“, ordnet WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn die Ergebnisse ein. „Natürlich bin ich stolz, dass die öffentlich-rechtlichen Angebote dabei so herausragen. Aber es ist aus meiner Sicht insgesamt ein gutes Zeugnis für den Zustand unserer Gesellschaft, dass im Jahr der Pandemie das Vertrauen in die Medien, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aber auch in die politischen Institutionen insgesamt so gestiegen ist. Die Kritiker der Corona-Maßnahmen machen sich zwar laut bemerkbar, sind aber doch nur – wie die Studie erneut zeigt – eine Minderheit.“
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk als besonders glaubwürdig bewertet
Die größte Glaubwürdigkeit schreiben 81 Prozent (plus 3 Prozentpunkte) der Befragten erneut öffentlich-rechtlichen Radiosendern zu. Die Informationen in öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern schätzen 79 Prozent (plus 5) als glaubwürdig ein. Damit liegt die Glaubwürdigkeit dieser Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender wie schon in den Jahren zuvor deutlich über dem Glaubwürdigkeitsniveau der Medienangebote in Deutschland insgesamt. Ähnlich gut schneiden Tageszeitungen ab (74 Prozent, minus 2).
Mehrheitlich als glaubwürdig eingeschätzt werden auch die Internetangebote öffentlich-rechtlicher Sender (63 Prozent, plus 4) sowie die Internetangebote von Zeitungen und Zeitschriften (45 Prozent, minus 1). Als „weniger glaubwürdig“ bewertet ein Großteil der Befragten die Boulevardpresse, nur 6 Prozent (minus 1) halten sie für glaubwürdig.
Auch die Informationen in sozialen Netzwerken schätzen die Deutschen größtenteils als wenig glaubwürdig ein, wobei es zwischen den einzelnen Plattformen durchaus Unterschiede gibt: Während Youtube noch von 18 Prozent (minus 1) der Befragten als glaubwürdig beurteilt wird, fallen Twitter (7 Prozent, minus 1), Facebook (7 Prozent, unverändert) und Instagram (5 Prozent, plus 1) deutlich ab.
Vertrauen in öffentlich-rechtlichen Rundfunk erneut gestiegen
„Die Studie ist ein sehr gutes Zeugnis für die deutsche Gesellschaft und ihr Mediensystem“, sagt ARD-Vorsitzender Tom Buhrow: „Mich freut besonders, dass die Menschen den öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehsendern in ganz Deutschland so viel Vertrauen schenken. Wir ruhen uns auf diesen Zahlen nicht aus, sondern geben jeden Tag alles, um dieser Verantwortung gerecht zu werden.“
Im Vergleich zu den Vorgängerstudien ist das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erneut gestiegen: 70 Prozent der Befragten gaben an, großes oder sehr großes Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu haben – drei Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr. Verglichen mit anderen Institutionen rangieren in puncto Vertrauen die Polizei (84 Prozent, plus 1), das Bundesverfassungsgericht (80 Prozent, plus 7), die Verbraucherzentrale (79 Prozent, plus 4) und die Stiftung Warentest (79 Prozent, plus 7) vor dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Unter anderem Tageszeitungen (58 Prozent, plus 4) und privaten Rundfunksendern (19 Prozent, minus 2) bringen die Deutschen weniger Vertrauen entgegen. Besonders bemerkenswert im Jahr der Corona-Pandemie: Das Vertrauen in die politischen Institutionen ist im Vergleich zur Studie vor einem Jahr sehr deutlich gestiegen – in die Bundesregierung 24 Prozentpunkte auf 61 Prozent und in den Bundestag um 15 Prozentpunkte auf 57 Prozent.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk bleibt Hauptinformationsquelle
Hauptinformationsquellen zum politischen Geschehen bleiben für mehr als die Hälfte der Deutschen die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: Zusammen 57 Prozent der Befragten nennen öffentlich-rechtliches Fernsehen (38 Prozent, plus 6), öffentlich-rechtliches Radio (10 Prozent, minus 1) oder die Internetangebote der öffentlich-rechtlichen Sender (9 Prozent, unverändert) als ihre ersten Anlaufstellen für politische Informationen. Tageszeitungen kommen auf 17 Prozent (minus 4). Das gleiche Bild zeigt sich auch bei den 18- bis 34-Jährigen: Unter ihnen nutzen zusammen sogar 62 Prozent öffentlich-rechtliches Fernsehen (32 Prozent, plus 12), die Internetangebote der öffentlich-rechtlichen Sender (19 Prozent, unverändert) und öffentlich-rechtliches Radio (11 Prozent, minus 3) an erster Stelle, um sich politisch zu informieren. Soziale Medien wie Youtube, Facebook, Instagram oder Twitter nennen dagegen nur 3 Prozent der Jüngeren als ihre politischen Hauptinformationsquellen.
Dass es politische Vorgaben für die Berichterstattung der Medien gibt, vermutet gut ein Drittel der Befragten (35 Prozent) – drei Prozentpunkte weniger als vor einem Jahr und damit der niedrigste Wert seit Beginn der Studienreihe. In den Jahren 2015 und 2016 gingen noch 42 Prozent der Befragten von politischen Vorgaben aus. Aktuell glauben 60 Prozent nicht an politischen Einfluss, das sind zwei Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr und sechs Prozentpunkte mehr als im Jahr 2015. Ost- und Westdeutsche sind sich in dieser Frage nicht einig: Während im Westen Deutschlands nur 33 Prozent der Befragten davon ausgehen, dass es Vorgaben von Staat und Regierung gibt, sind es im Osten 46 Prozent.
Für 83 Prozent der Befragten ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht verzichtbar. Dieser Wert ist im Vergleich zur Studie von vor einem Jahr um einen Prozentpunkt gestiegen.
Für die Studie hat Infratest dimap vom 23. September bis 5. Oktober insgesamt 1.001 Wahlberechtigte in Deutschland befragt. (ots)