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Jüdische Landesverbände stellen sich hinter Gerhard Ulrich

Beauftragter für Jüdisches Leben und gegen Antisemitismus äußert sich zur Kritik an alten Predigten

Kiel –  Gerhard Ulrich, emeritierter Bischof der Nordkirche und Beauftragter für Jüdisches Leben und gegen Antisemitismus des Landes Schleswig-Holstein, hat sich heute (2. Dezember) in Kiel zu Vorwürfen geäußert, Predigttexte aus seiner Zeit als Bischof würden antisemitische Sprachbilder nutzen und die Souveränität Israels infrage stellen.

„In diesen Tagen erreichen mich besorgte und kritische Anfragen, die sich unter anderem mit Auszügen aus einer Predigt beschäftigen, die ich zum Weihnachtsfest 2017 in Schwerin gehalten habe oder noch früher, 2014.“ Schon in der vergangenen Woche habe er mit Vertreterinnen und Vertretern der Deutsch-Israelischen Gesellschaft in Kiel über diese Auszüge und über einige weitere aus älteren Predigten diskutiert. „Ich würde viele dieser Aussagen heute nicht mehr so machen, das muss ich ganz eindeutig feststellen. Gerade dieses Bewusstsein ist es aber auch, das meine Arbeit als Beauftragter prägen soll und weshalb ich gerne diese ehrenvolle Aufgabe übernommen habe“, so Gerhard Ulrich.

Er habe nie Zweifel am Existenzrecht Israels geäußert

„Ich weiß sehr wohl um die Bedeutung Israels für die Juden in aller Welt. Ich verteidige selbstverständlich das Existenzrecht Israels! Und ich verteidige das Recht Israels, sich auch militärisch zu verteidigen. Daran habe ich auch nie einen Zweifel gelassen. Aber natürlich ist mir, wie anderen auch, an der Überwindung des Konflikts gelegen. Und ich fühle, wie andere auch, den Schmerz, den die Auseinandersetzungen bringen.“

Gerhard Ulrich machte aber auch deutlich, dass er selbst diese Passagen heute kritisch lese: „Ich finde allerdings in ihnen keineswegs eine anti-israelische Haltung, wohl aber kritisch-besorgte Hinweise auf die damals aktuellen Situationen im Nahost-Konflikt.

Auch die infrage stehende Predigt von Weihnachten 2017 übrigens tat das: In ihr findet sich der Hinweis auf ein Ereignis in Berlin, wo nach der Entscheidung des damaligen Präsidenten der USA, Donald Trump, mit Blick auf die aufflammenden Konflikte in Nahost eine Israel-Flagge verbrannt worden war. In der Predigt beziehe ich mich darauf und weise jede Form des Israel-Hasses und des Antisemitismus zurück.“ Die konkrete Predigt zu Weihnachten 2017 nehme Bezug auf einen Aufenthalt in Israel in den Tagen vor dem Weihnachtsfest. „Ich habe in jenen Tagen als Seelsorger viel zugehört, wahrgenommen von den langfristigen Auswirkungen des Nahost-Konflikts und von den Hoffnungen auf Frieden. Zu keiner Zeit allerdings habe ich die Verantwortung für den Konflikt einseitig zugeordnet. Und ich habe im Gegenteil nie einen Zweifel daran aufkommen lassen, dass das Existenz- und Selbstbestimmungsrecht des Staates Israel das Recht auf Verteidigung einschließt. Darin stehe ich an der Seite Israels ohne Wenn und Aber“, betonte Gerhard Ulrich in Kiel.

Bitte um Entschuldigung für gewisse Formulierungen

„Selbstverständlich haben auch die christlichen Kirchen über Jahrhunderte Sprachbilder adaptiert, die wir kritisch überprüfen müssen. Und glücklicherweise hat sich auch unsere Gesellschaft weiterentwickelt. Deshalb möchte ich ein Teil dieser Weiterentwicklung sein und meinen Beitrag dazu leisten. Und genau deshalb bitte ich auch ausdrücklich um Entschuldigung für Formulierungen vergangener Predigten, die nicht den Ansprüchen entsprechen, die ich heute an sie hätte. Ich will in meiner Rolle als Beauftragter und emeritierter Bischof dabei helfen Brücken zu schlagen. Daher bin ich auch sehr dankbar für die ausdrückliche Solidarität, die ich von den jüdischen Landesverbänden in Schleswig-Holstein in diesen Tagen erfahre.“

Jüdische Landesverbände sprechen Ulrich ihr Vertrauen aus

Die beiden jüdischen Landesverbände hatten zuvor Gerhard Ulrich ihr Vertrauen ausgesprochen und ihm Unterstützung zugesagt.

Igor Wolodarski (Dipl. Ing.) Vorsitzender der Jüdischen Gemeinschaft Schleswig-Holstein K.d.ö.R.: „Wir wissen um das aufrichtige Engagement von Gerhard Ulrich und seinen persönlichen Willen, dem Antisemitismus in Schleswig-Holstein die Stirn zu bieten. Unsere sehr ausführlichen ersten Gespräche lassen daran keinen Zweifel aufkommen.“ Wolodarski hob hervor, dass gerade die selbstkritische Perspektive eines Theologen einen wichtigen Beitrag zu mehr christlich-jüdischer Zusammenarbeit leisten könne.

Walter Blender vom liberalen Landesverband der jüdischen Gemeinden Schleswig-Holstein K.d.ö.R betonte, wie wichtig auch das Erleben der persönlichen Weiterentwicklung für die Stärkung des jüdischen Lebens sei. „Gerhard Ulrich ist ein glaubhafter Kämpfer gegen Antisemitismus. Sein Umgang mit seinen alten Predigten und die persönliche Auseinandersetzung damit sind genau das, was unsere Gesellschaft weiterbringt.

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