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Landespolizei startet Pilotprojekt Bodycam

Kiel – Die Landespolizei Schleswig-Holstein wird ab dem 15.6. für ein Jahr den Einsatz von Körperkameras („Bodycams") im Rahmen eines Pilotprojektes testen. Der Verantwortliche Projektleiter, Polizeidirektor Axel Behrends, stellte das Pilotprojekt am Donnerstag, den 14.6., im Landespolizeiamt Schleswig-Holstein der Öffentlichkeit vor.

Vor dem Hintergrund eines anhaltend hohen Gewaltniveaus gegenüber Polizeivollzugsbeamten erfolgte in den vergangenen zwei Jahren bereits eine Verbesserung der persönlichen Ausstattung der Polizistinnen und Polizisten im Land. Darüber hinaus wird nun im Rahmen eines einjährigen Pilotprojektes erprobt, ob und wie durch den Einsatz der Körperkameras insbesondere die Anzahl der Übergriffe auf Polizeibeamte gesenkt werden kann. Darüber hinaus gilt es zu testen, inwieweit die mobile Videoüberwachung als Mittel der visuellen Beweissicherung geeignet ist, um einerseits Beteiligte einer polizeilichen Maßnahme vor ungerechtfertigten Eingriffsmaßnahmen, aber auch vor ungerechtfertigter Strafverfolgung zu schützen und anderseits die Aufklärung von Straftaten deutlich zu erleichtern.

Wo kommen die Bodycams zum Einsatz? Drei Dienststellen der Landespolizei beteiligen sich an dem Pilotprojekt. Dies sind das 2. PR Lübeck, das 4. PR Kiel und die 1. Einsatzhundertschaft aus Eutin. Bei den genannten Polizeirevieren soll die Bodycam im Rahmen der täglichen Einsatzwahrnehmung als präventivpolizeiliche Maßnahme unter anderem auch in Kontrollsituationen Anwendung finden, bei denen aufgrund der Gesamtumstände mit einer Gefährdung für die Polizeikräfte oder unbeteiligte Dritte zu rechnen ist.

Die landesweit einsetzbaren Kräfte der 1. Einsatzhundertschaft werden die Bodycam insbesondere bei öffentlichen Veranstaltungen mitführen. Dazu zählen neben den Vergnügungs- und Open-Air-Veranstaltungen („Kieler Woche", „Travemünder Woche", „Wacken Open Air" pp.) auch Fußballbegegnungen und größer angelegte Kontrollmaßnahmen zur Gefahrenabwehr innerhalb Schleswig-Holsteins. Nur Beamtinnen und Beamte, die sich freiwillig bereit erklärt haben, die Kamera zu tragen, wirken bei dem Pilotprojekt mit.

Wo kommen die Bodycams zum Einsatz? Der Einsatz der Bodycams erfolgt ausschließlich an öffentlich zugänglichen Orten. Dabei handelt es sich um dem öffentlichen Verkehr gewidmete Bereiche oder solche, die nach dem erkennbaren Willen des Berechtigten von jedermann genutzt oder betreten werden können (zum Beispiel Gaststätten, Diskotheken, Einkaufszentren, öffentliche Verkehrsmittel pp.). Die Nutzung von Bodycams in Privatwohnungen oder im Rahmen von Demonstrationen ist nicht vorgesehen.

Welche Technik nutzt die Landespolizei für das Pilotverfahren? Für das Pilotverfahren sind 40 Kameras der Marke „Reveal D3" beschafft worden. Hinzu kommen Ladestationen, Klett-Schriftzüge zur Kennzeichnung und IT-Ausstattung zur Auswertung und Sicherung von Aufnahmen.

Das für das Pilotverfahren gewählte Kameramodell beinhaltet einen Frontmonitor, in dem sich videografierte Personen sehen können. Neben der Transparenz der dienstlichen Handlung hält dies dem Betroffenen im wahrsten Sinne des Wortes auch den Spiegel vor.

Ist das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) eingebunden? Das ULD begleitet das laufende Pilotprojekt und wird im Rahmen seiner Zuständigkeit die Videoaufnahmen aus den Bodycams sichten. Im Vorwege erfolgte bereits eine Einbindung des ULD zur Vorbereitung des Pilotverfahrens.

Auf welcher Rechtsgrundlage kommen die Bodycams zum Einsatz? Der Einsatz von Videokameras zur Gefahrenabwehr durch die Polizei wird durch § 184 Abs. 3 LVwG legitimiert. Danach ist es bei polizeilichen Maßnahmen zum Schutz der Polizei oder eines Dritten möglich, Bild- und Tonaufnahmen anzufertigen. Dies muss offen erfolgen, also für den Aufgenommenen erkennbar sein. In Ausgestaltung der Vorschrift des § 184 LVWG sind die örtlichen und sachlichen Voraussetzungen für das Aufzeichnen und Speichern der Bild- und Tondaten sowie das Pre-Recording in einer verbindlichen Handlungsanweisung im Detail definiert und klar bestimmt.

Woran kann man erkennen, ob gefilmt wird? Die Videoaufzeichnung erfolgt offen, also für jedermann erkennbar. Die Einsatzkräfte, die eine Bodycam tragen, sind daher eindeutig gekennzeichnet. Dazu wird ein Klettschriftzug „Video" an der Außentragehülle beziehungsweise an der Uniform angebracht. Außerdem verfügt das ausgewählte Bodycam-Modell über einen Farbmonitor, der dem Betroffenen die Videoaufzeichnung anzeigt. Der Start der Aufnahme wird zudem optisch und akustisch signalisiert.

Was bedeutet Pre-Recording? Der Begriff Pre-Recording bezeichnet eine Voraufzeichnung. Technisch bedeutet dies, dass bei Auslösen des Aufnahmeknopfes zusätzlich die letzten Sekunden vor der Aktivierung der Aufnahme hinzugefügt werden. Es ist zu prognostizieren, dass sich gerade in diesem Zeitraum die entscheidende eskalierende Szene, die zur Anordnung der Videoaufzeichnung geführt hat, abgespielt haben dürfte. Außerdem wird somit ebenfalls die Anordnung selbst enthalten sein. Die Aufnahme kann aber auch der Beweissicherung dienen, zum Beispiel bei einer vorangegangenen Beleidigung oder einem unvermittelten Angriff. Die Dauer der verschlüsselten Voraufzeichnung ist auf 30 Sekunden begrenzt. Eine dauerhafte Aufzeichnung während der Streife oder gar einer gesamten Schicht ist nicht vorgesehen.

Wird auch Ton aufgezeichnet? Die Bodycam zeichnet neben dem Bild in HD-Qualität ebenfalls den Ton auf. Neben den Bildaufnahmen gehören Tonaufnahmen zur relevanten Dokumentation einer Situation.

Wie lange werden Aufnahmen gespeichert und wann werden sie gelöscht? Videoaufnahmen unterliegen gem. § 184 Abs. 3 LVwG einer Löschfrist von maximal drei Tagen. Abweichend hiervon kann länger gespeichert werden, wenn die betroffene Bürgerin/der betroffene Bürger dies wünscht oder die Aufnahme der Strafverfolgung dient.

Wie geht es nach dem Pilotversuch weiter? Das Landespolizeiamt legt am Ende der Erprobungszeitraumes einen Erfahrungsbericht vor. Dieser enthält unter anderem Erfahrungsrückmeldungen der Bodycam-Träger, statistische Auswertungen zu Gewaltvorfällen während des Projektzeitraumes und eine Bewertung zu den praktischen Erkenntnissen über die Tauglichkeit und Wirksamkeit der Bodycam. Damit wird die Grundlage für eine abschließende Entscheidung über die Einführung oder Nicht-Einführung der Bodycam bei der Landespolizei Schleswig-Holstein geschaffen.

 

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