Foto: Arno Reimann
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Stockelsdorf – Nach herzlichen Begrüßungsworten kam Stockelsdorfs Bürgermeisterin Julia Samtleben beim Neujahrsempfang der Gemeinde zur Sache. Ihre Rede – an dieser Stelle – in Auszügen:

…„Ich will nicht lange über Bundespolitik reden, aber zwei Wünsche habe ich: Zuerst wünsche ich mir, dass sich die Bundespolitik von Stockelsdorf eine Scheibe abschneidet. Nicht nur von meinem Wahlergebnis: Ich glaube fast nirgendwo in Deutschland ist die Politik so sachorientiert wie in Stockelsdorf.

Bürgermeisterin Julia Samtleben, Bürgervorsteher Manfred Beckmann – Foto: Gemeinde Stockelsdorf/oH

Jede, aber wirklich Fraktion in der Gemeindevertretung, ist immer wieder bereit, das große Ganze zu sehen, und das ist das Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger. Es gibt keinen Streit, nur um des Streitens willen. Fast alle Beschlüsse sind einstimmig. Selbst wenn es mal Abweichungen – wie 2023 beim Haushalt – gab, blockiert niemand.

Alle haben erkannt, dass wir die wichtigen Themen unserer Zeit selbst anpacken müssen: Sei es der (soziale) Wohnungsbau, sei es der Schulbau, die öffentliche Sicherheit oder – auch wenn es nicht so ganz sexy Themen sind –  Windkraft oder Entwässerung. Aber, und dabei komme ich zu meinem zweiten Wunsch: All das kostet Geld.

Mir ist Parteipolitik vollkommen egal, aber ich verstehe nicht, warum die im Bundestag vertretenen, demokratischen Parteien sich nicht das Wohl unserer Städte und Gemeinden auf die Fahne schreiben. Der Deutscher Städte- und Gemeindebund hat vor kurzem eine Pressemitteilung abgegeben und auf die verheerende Situation für viele Kommunen hingewiesen und einen Forderungskatalog für die neue Bundestagslegislaturperiode aufgestellt. Danach sind in allen Bereichen, von Straßen über Schulen bis hin zu Sportstätten, Substanzverluste bei der Infrastruktur deutlich bemerkbar. Ein Beispiel aus Stockelsdorf: Unsere Abwasserpumpanlagen sind zum Teil so alt, dass es seit 25 Jahren keine Ersatzteile mehr gibt. Seit fünfundzwanzig Jahren.

Ich habe in den letzten drei Jahren als stellvertretende Bundesvorsitzende des Netzwerkes junge Bürgermeister*innen mit vielen Ministerien und Bundespolitikern gesprochen und natürlich immer wieder die Aussage gehört: Für Kommunalfinanzen sind wir nicht zuständig, frag deinen Ministerpräsidenten. Ja, das stimmt. Der BUND ist nicht zuständig, aber das ist ihm bei allen anderen Dingen auch egal. Weder Schuldigitalisierung noch Kleinkindbetreuung oder Ganztagsausbau sind Bundessache. Also kann sich Berlin neben den Kernaufgaben – etwa der in den letzten Jahrzehnten sträflich vernachlässigten Landesverteidigung – auch um auskömmliche Kommunalfinanzen kümmern. Und dabei gleich ein bisschen Bürokratieabbau betreiben. Kommunen müssten sich zum Beispiel weniger um Förderprogramme kümmern, wenn sie auskömmlich finanziert wären.

Wir haben in Stockelsdorf im letzten Jahr knapp zwei Millionen Euro Fördergelder bekommen. Aber um eine Chance im Windhundverfahren für die Ganztagsbetreuung zu haben, ist meine liebe Mitarbeiterin Silke Repenning an einem lauen Samstagabend im August, genauer am 31., nach Kiel gefahren, um die Förderanträge für unsere Grundschulen pünktlich um 0.00 Uhr in den Briefkasten zu werfen. Dieser war um 23.59 Uhr nochmal extra geleert worden. Wir waren rechtzeitig, haben aber fast ein halbes Jahr später – wie alle anderen auch – immer noch keine Zusage. Und warum? Weil der Fördermittelgeber vermutlich Sorge hat, dass die Kommunen, die früher oder später abgegeben haben, klagen. Vielleicht wäre eine digitale Einreichung einfacher gewesen…

Also zwei Wünsche aus Stockelsdorf an die Bundespolitik:

Erstens: Kümmert euch um die Sache und nicht die Parteifarbe und zweitens, kümmert euch um die Finanzen der Städte und Gemeinden. Ich sage es nur ungern, aber wenn unsere Schulen, Straßen, Radwege und Schwimmbäder modern sind, dann spricht niemand mehr über Radwege in Peru und man nimmt denen, die wir doch nicht im Bundestag sehen wollen, den Wind aus den Segeln.

Nun möchte auch noch einmal Danke sagen: An meine Mitarbeiter*innen für das tolle letzte Jahr. Dafür, dass ihr mir auch mal den Rücken freigehalten habt, wenn ich mal nicht da war. Für die tolle Organisation heute Abend. Danke an Manfred und die Gemeindevertretung für die gute Zusammenarbeit. Und natürlich danke an alle in der Gemeinde ehrenamtlich tätigen, sei es die Feuerwehr, der ATSV, der SV Dissau, der Seniorenbeirat, die Schützen und alle anderen. Ihr seid die Stützen unserer Gesellschaft. Danke. Allen, die bislang noch kein Ehrenamt innehaben, lege ich dies wärmstens ans Herz. Engagieren Sie sich! Für die Gemeinschaft, die Gesellschaft, die Kameradschaft. Für sich.

Ich sage danke und wünsche Ihnen und euch allen ein gesundes, glückliches Jahr 2025. Es soll ein Jahr voller Hoffnung und Zuversicht sein, auch in schwierigen Zeiten. Wir können alle dazu beitragen, dass es ein solches Jahr wird….“

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