Foto: Arno Reimann
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Hamburg – In welchem Zustand sind Brücken und Straßen im Norden wirklich? Dazu hat das NDR-Politikmagazin „Panorama 3“ alle Städte, Einheits- und Samtgemeinden, Ämter und amtsfreien Gemeinden befragt und erstmals in diesem Umfang Angaben über den Zustand der kommunalen Brücken und Straßen in ganz Norddeutschland erhoben.

Von den rund 700 angefragten Städten und Gemeinden aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, und Bremen antworteten rund ein Drittel und stellten Daten zur Verfügung. Informationen zum Zustand von Brücken und Straßen, die sich im Eigentum der Kommunen befinden, werden in Deutschland nirgendwo zentral erfasst. Für die Umfrage kooperierte das NDR-Magazin mit dem Zentrum Technik und Gesellschaft der Technischen Universität Berlin.

In den Orten, die ihre Daten zur Verfügung gestellt haben, sind rund 29 Prozent der kommunalen Straßen in einem schlechten oder sehr schlechten Zustand, 37 Prozent der Straßen sind mittelmäßig. Bei den Brücken befinden sich 12 Prozent in den schlechtesten Kategorien. Diese Bauwerke sind im Rahmen der Prüfung als „nicht ausreichend“ oder „ungenügend“ bewertet worden. Allein in Hamburg betrifft das zum Beispiel 76 von 696 Brückenbauwerke. Ein weiteres Drittel der Brücken im Norden ist gerade noch ausreichend gut. Wulf-Holger Arndt von der TU Berlin deutet die Daten als „dramatischen Aufruf, um in der Verkehrsinfrastruktur mehr zu investieren und ein größeres Augenmerk auf den Erhalt und Unterhalt der Verkehrsinfrastruktur zu legen“.

Da viele Bauwerke aktuell oder in naher Zukunft an das Ende ihrer Laufzeit kommen, dürfte das Problem absehbar deutlich größer werden und die Kommunen vor erhebliche personelle und finanzielle Herausforderungen stellen. Mehr als die Hälfte aller Kommunen melden schon heute im Rahmen der Umfrage eine mangelhafte Gesamtfinanzsituation. Marco Trips, Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebunds (NSGB), fordert bei „Panorama 3“ von einer neuen Bundesregierung ein „staatliches Investitionsprogramm“ für Kommunen, „sonst stehen wir irgendwann vor den Scherben von den Sachen, die andere gebaut haben.“ Da aktuell auch bei Bund und Ländern das Geld knapp ist, weist Marco Trips auch auf ein mögliches Ende der Schuldenbremse hin. Bereits heute beziffert die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in ihrem aktuellen Kommunalpanel den bundesweit wahrgenommenen Investitionsrückstand bei kommunalen Straßen auf 48,3 Milliarden Euro.

Spätestens seit dem Einsturz der Dresdner Carola-Brücke ist auch in Deutschland klar geworden, dass die Probleme mit der Verkehrsinfrastruktur zunehmend drängender werden. „Das ist eine Situation, die können wir uns eigentlich selbst kurzfristig nicht mehr so leisten, um tatsächlich noch ein guter Wirtschaftsstandort zu sein,“ so Wulf-Holger Arndt in „Panorama 3“. Neben Konstruktionsdefiziten und dem übermäßigen Einsatz von Streusalz in der Vergangenheit, das die Bewehrung der Brücken angegriffen habe, sei im Wesentlichen die starke Zunahme des Lkw-Verkehrs in den vergangenen Jahrzehnten für die schlechte Brückenzustände verantwortlich. Für die hohen Belastungen seien viele Brücken beim Bau nicht ausgelegt gewesen.

„Panorama 3“ berichtet über das Thema am Dienstag, 21. Januar, um 21.15 Uhr im NDR Fernsehen. Anschließend ist der Bericht in der ARD-Mediathek zu sehen. Auf NDR.de ist in einem Bericht über die Umfrage unter anderem eine Karte mit den einzelnen Umfrage-Ergebnissen zu finden.

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