Kiel – Ob Wasserrohrbruch, Dachschaden, Heizungsdefekt oder Schädlingsbefall: Es gibt Situationen im Leben, in denen man schnellstmöglich einen guten Handwerker benötigt – will man nicht im Kalten sitzen oder vor der verschlossenen Haustür stehen bleiben. Genau diese Ausnahmesituationen nutzen falsche Handwerker immer wieder mit einer perfiden Masche aus, die darauf abzielt, für eine nicht erbrachte Leistung ihrer Scheinfirma möglichst viel Geld abzukassieren.
In Schleswig-Holstein wurden allein in diesem Jahr mehr als 40 Taten registriert, unter anderem in Kiel, Lübeck, Preetz, Neumünster und Itzehoe, die alle einer Tätergruppe aus Nordrhein-Westfalen zuzurechnen sind. Das Landeskriminalamt warnt ausdrücklich vor dieser Form des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs und gibt Tipps, wie Sie sich schützen können.
Der modus operandi der oben genannten Tätergruppe war auch in Schleswig-Holstein immer derselbe und ist exemplarisch für das Vorgehen der Fake-Firmen, die sich im Internet mit ständig wechselnden Namen und immer neuen Handynummern als lokale, kompetente Handwerker verkaufen – 24-Stunden-Notdienst inbegriffen. Der Haupttatverdächtige hat Männer als „Handwerker“ angeworben und sie mit einem Fahrzeug, einer handwerklichen Grundausrüstung, fingierten Rechnungen und einem EC-Karten-Lesegerät ausgestattet. Diese wurden dann in ihr Einsatzgebiet geschickt, wo sie in einer Pension auf Aufträge warteten, die über die angeblich lokale Internetseite akquiriert wurden.
Die Kunden vor Ort wurden dann nicht nur mit einer saftigen Anfahrtspauschale von fast 200 Euro negativ überrascht, sondern sollten trotz nicht erfolgter „Reparaturarbeiten“ horrende Rechnungen von mehreren tausend Euro sofort überweisen. Gingen sie auf die Forderungen ein, ließen sich die Zahlungen später nicht nachverfolgen. Eine sofortige Rückbuchung war nicht möglich. Auch auf den Kontoauszügen der Geschädigten tauchte die IBAN des tatsächlichen Empfängers nicht auf.
Das Betrugsphänomen „falsche Handwerker“ hat viele Varianten. Neben nicht oder nur unzureichend erbrachten Leistungen und überzogenen Geldforderungen kommt es auch vor, dass sich Täter Zugang zur Wohnung verschaffen, die Geschädigten ablenken und in einem unbeobachteten Moment Wertsachen entwenden. Auch die vorgeblichen Branchen sind bunt gemischt und reichen von Garten- und Dachdeckerarbeiten über Rohrreinigungsdienste bis zur Schädlingsbekämpfung. Besonders perfide ist es, wenn Anbieter eine kostenpflichtige 0900-Nummer für angeblich ortsansässige Firmen schalten oder eine lokale Telefonnummer vom Kunden unbemerkt zu einem Callcenter umleiten – dann wird es schon im Vorfeld teuer, obwohl noch keine Dienstleistung erbracht wurde.
Obwohl die Betrugsmasche seit vielen Jahren bekannt ist, ist sie für Täter noch immer ein lukratives „Geschäftsmodell“ – mit zeitlichem Schwerpunkt in den Sommermonaten. Landesweit lagen die Fallzahlen in Schleswig-Holstein im Jahr 2021 bislang im oberen zweistelligen Bereich. So können Sie sich schützen:
– Wählen Sie einen bekannten Fachbetrieb vor Ort aus.
– Falls Sie eine Firma im Internet suchen, lassen Sie die oberen mit „Anzeige“ gekennzeichneten Inserate weg und suchen Sie auf der Karte einen örtlich ansässigen Betrieb mit lokalen Bewertungen.
– Klären Sie die Kosten vorab und vereinbaren Sie einen Festpreis (auch für Anfahrtskosten).
– Lassen Sie keine Handwerker ins Haus, die mit einem Kennzeichen aus einem sehr weit entfernten Zulassungsbezirk vorfährt.
– Bezahlen Sie nicht sofort und bestehen Sie auf einer Rechnung.
– Lassen Sie sich nicht nötigen und unter Druck setzen! Nötigung ist strafbar, rufen Sie die Polizei unter der Notrufnummer 110.
– Haben Sie erst im Nachhinein den Verdacht, einem Betrug zum Opfer gefallen zu sein, melden Sie den Vorfall der Polizei und erstatten Sie Anzeige.