Eutin – Der Kreis Ostholstein weist aus gegebenem Anlass und angesichts wärmerer Temperaturen auf die Vorsichtsmaßnahmen beim Baden aufgrund der in der Ostsee vorkommenden Vibrionen hin. „Vibrio vulnificus“ ist ein Bakterium, das natürlicherweise in Meer- und Brackwasser – also Meeres- und Übergangsgewässer – vorkommt. Es ist davon auszugehen, dass das Bakterium bei wärmeren Temperaturen in der Ostsee grundsätzlich vorkommt. Besonders ältere Menschen mit einer offenen Wunde, die eine schwache Immunabwehr oder aufgrund von Vorerkrankungen in ihrer Immunabwehr geschwächt sind, können gefährdet sein. Personen mit offenen oder schlecht heilenden Wunden sollten diese nicht dem Kontakt mit warmem Meerwasser aussetzen, insbesondere dann nicht, wenn sie an Vorerkrankungen leiden oder ein geschwächtes Immunsystem besitzen.
Eine ältere Person war nach einer Vibrioneninfektion am 27.7. in einer Klinik in Ostholstein gestorben. Sie war vermutlich trotz offener Wunde und chronischer Vorerkrankungen baden gegangen. Wo ist nicht bekannt, sie war alleinreisend. Weitere Meldungen über Infektionen sind in dieser Saison bisher nicht bekannt. Eine Infektion von Wunden ist sehr selten, jedoch sollten die erforderlichen Vorsichtmaßnahmen beachtet werden.
Auf die natürlichen Risiken beim Baden wird regelmäßig hingewiesen, umfangreiche Informationen zu Vibrionen finden Sie unter www.badewasserqualitaet.schleswig-holstein.de beziehungsweise direkt hier https://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/G/gesundheitsschutz_umweltbezogen/Badewasser/vibrionen.html
Daraus folgende Fragen und Antworten:
Was ist Vibrio vulnificus?
Vibrio vulnificus ist ein Bakterium, das natürlicherweise in Meer- und Brackwasser – also Meeres- und Übergangsgewässer – vorkommt. Es ist salzliebend, bevorzugt aber nicht zu salzhaltige Gewässer wie beispielsweise die Ostsee. Bei länger anhaltenden kalten Wassertemperaturen, wie sie im Winter vorliegen, liegt es in einem inaktiven Zustand vor und lässt sich im Wasser nicht nachweisen.
Steigen im Sommer die Wassertemperaturen über circa 20° C an, wird Vibrio vulnificus aktiviert. Es lässt sich im Wasser nachweisen und seine Konzentration im Meerwasser kann sich deutlich erhöhen. Ist das Bakterium einmal durch erhöhte Wassertemperaturen aktiviert, kann es seine Aktivität auch bei sinkenden Wassertemperaturen für mehrere Wochen aufrechterhalten.
Kann der Erreger auf den Menschen übertragen werden?
Ja, es sind zwei mögliche Übertragungs- beziehungsweise Infektionswege vorhanden:
Zum einen kann eine Übertragung durch eine Wundinfektion erfolgen. Diese kann sowohl durch oberflächliche, kleine als auch durch tiefe Hautverletzungen erfolgen. Über eine vorhandene Wunde können die Bakterien beim Baden oder Wasserwaten in Meerwasser in
den Körper eindringen und sich dort vermehren.
Der zweite mögliche Übertragungsweg ist der durch den Verzehr roher oder unzureichend gegarter Meerestiere wie Austern, Muscheln, Krabben und Fische. Daher werden die für den Verzehr vorgesehenen Meerestiere aus Nord- und Ostsee entsprechend kontrolliert.
Hierbei gilt, dass Meerestiere zur Vermeidung von Lebensmittelinfektionen generell nicht roh verzehrt werden sollten und auf gutes Durchgaren zu achten ist. Diese Lebensmittelinfektionen spielen in Regionen wärmerer Klimazonen eine bedeutende Rolle.
Welche Personen sind betroffen?
Besonders ältere Menschen mit einer schwachen Immunabwehr oder Personen, die aufgrund von Vorerkrankungen in ihrer Immunabwehr geschwächt sind, können gefährdet sein. Dazu zählen vor allem Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Lebererkrankungen, Diabetes mellitus, Alkoholabhängigkeit und sonstigen, die Immunabwehr schwächenden oder unterdrückenden Erkrankungen.
Wie häufig erfolgt eine Infektion?
Infektionen mit Vibrio vulnificus sind selten, kommen aber weltweit vor. Die häufigsten Berichte kommen aus den USA (Ostküste), Japan und Taiwan. In Deutschland sind seit 1993 wiederholt Einzelfälle von Wundinfektionen nach Kontakt mit Ostseewasser bekannt geworden. Im Verhältnis zur Anzahl der Badegäste an der Ostseeküste kommt eine Infektion sehr selten vor.
Welche Erkrankungen können durch Vibrio vulnificus ausgelöst werden?
Die sehr seltene Infektion von Wunden hat nach den bisherigen Erfahrungen in mehr als der Hälfte aller Fälle einen sehr ernsthaften Verlauf mit tiefgreifenden Haut- und Gewebezerstörungen zur Folge. Dies kann wiederum zu einer schweren Blutvergiftung (Sepsis)
führen. Eine Blutvergiftung kann schnell lebensgefährlich werden, eine rasche Therapie ist deshalb sehr wichtig.
Durch den Verzehr kontaminierter Lebensmittel können Magen-Darm-Beschwerden mit Übelkeit, Durchfall und Krämpfen hervorgerufen oder auch eine schwere Blutvergiftung (Sepsis) ausgelöst werden.
Wie kann man einer Infektion vorbeugen?
Personen mit offenen oder schlecht heilenden Wunden sollten diese nicht dem Kontakt mit warmem Meerwasser aussetzen, insbesondere dann nicht, wenn sie an den genannten Vorerkrankungen leiden oder ein geschwächtes Immunsystem besitzen.
Was sollte bei einem Infektionsverdacht getan werden?
In warmen Sommermonaten muss bei einem verdächtigen Krankheitsbild, insbesondere bei Wundinfektionen nach Kontakt mit warmem Meerwasser, an die Möglichkeit einer Vibrio vulnificus-Infektion gedacht werden. Im Verdachtsfall sollte sofort ein Arzt konsultiert werden, da bei begründetem Verdacht wegen des raschen und schweren Krankheitsverlaufes eine frühestmögliche Behandlung zum Beispiel mit Antibiotika erfolgen sollte. Die Ärzteschaft in Schleswig-Holstein ist durch die hiesige Ärztekammer über Bedeutung, Diagnose und Therapie von Vibrio vulnificus-Infektionen informiert. Bestätigt sich der Verdacht, sollte dies der behandelnde Arzt entsprechend § 6 Absatz 1 Nr. 5a als „bedrohliche Krankheit“ nach IfSG an das jeweils zuständige Gesundheitsamt melden. Vom zuständigen Gesundheitsamt können dann Ermittlungen zur Quellensuche erfolgen und gegebenenfalls die Einleitung von Schutzmaßnahmen veranlasst werden.
Werden die Badegewässer auf Vibrio Vulnificus untersucht?
Das Bakterium kommt – unabhängig von möglichen Nachweisen – natürlicherweise in Meer- und Brackwasser vor. Eine regelmäßige Beprobung findet nicht statt. Um die Situation in Schleswig-Holsteins Küstengewässern besser abschätzen zu können, auch unter Berücksichtigung des Klimawandels, werden vom Gesundheitsministerium seit mehreren Jahren entsprechende Untersuchungsprojekte der „Medizinaluntersuchungsämter“ Kiel und Lübeck am Universitätsklinikums Schleswig-Holsteins gefördert.
Das Fazit aus den Studien lautet:
Die untersuchten humanpathogenen Vibrionen Vibrio vulnificus, Vibrio cholerae und Vibrio parahaemolyticus kommen natürlicherweise in Oberflächengewässern und damit auch in Badegewässern vor. Die untersuchten Vibrionen vermehren sich vor allem bei Temperaturen oberhalb 20 Grad Celsius, sind aber auch noch längere Zeit aktiv, wenn im Laufe des Sommers die Wassertemperatur wieder unter 20 Grad Celsius absinkt. Vibrionen lassen sich vor allem in der Ostsee, in der Schlei und in Flussmündungsgebieten (also im sogenannten Brackwasser) nachweisen, vor allem im erwärmten Wasser in Flachwasserbereichen. (PM Kreis OH)