Eutin – Im Rahmen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 bei Überschreitung der 7-Tage-Inzidenz von 70 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner hat der Kreis Ostholstein gemäß § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 und § 28 a des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in Verbindung mit § 106 Absatz 2 des Allgemeinen Verwaltungsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz – LVwG) folgende Allgemeinverfügung erlassen:
1. In Angeboten der Kindertagesbetreuung (Elementar, Krippe, Hort und Kindertagespflege) haben alle erwachsenen Personen – und somit auch die pädagogischen Fachkräfte – eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, § 2 a Absatz 1 der Corona-BekämpfungsVO gilt entsprechend. Dabei können die pädagogischen Fachkräfte in der Betreuung der Kinder mit Blick auf das Kindeswohl situationsabhängig, z. B. zur gezielten Sprachförderung oder beim Streitschlichten und Trösten der Kinder, vorübergehend auf das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung verzichten.
2. Diese Allgemeinverfügung gilt ab 11.01.2021, 0.00 Uhr.
Sie tritt mit Ablauf des 15.03.2021 außer Kraft.
3. Die Allgemeinverfügung ist gemäß § 28 Absatz 3 i. V. m. § 16 Absatz 8 IfSG sofort vollziehbar.
4. Zuwiderhandlungen gegen diese Allgemeinverfügung stellen Ordnungswidrigkeiten nach § 73 Absatz 1a Nr. 6 IfSG dar.
Begründung
Diese Allgemeinverfügung beruht auf dem Erlass gemäß § 3 Absatz 2 S. 2 GDG des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren vom 08.01.2021
(Az. VIII 40 23141/2020).
Rechtsgrundlage für die getroffenen Maßnahmen ist § 28 Absatz 1 in Verbindung mit § 28 a Infektionsschutzgesetz (IfSG). Nach Satz 1 hat die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen zu treffen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Sie kann auch Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind. Nach Satz 2 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen.
Die sehr weite Eingriffsermächtigung des § 28 Absatz 1 Satz 1 lfSG beschränkt sich nicht allein auf Maßnahmen gegenüber Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen oder Ausscheidern, sondern wie sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergibt, dürfen auch „Nichtstörer“, d.h. Personen bei denen noch nicht einmal ein Ansteckungsverdacht besteht, in Anspruch genommen werden.
Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der verfügten Beschränkung ist der im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht geltende Grundsatz heranzuziehen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Dafür sprechen das Ziel des Infektionsschutzgesetzes, eine effektive Gefahrenabwehr zu ermöglichen (§ 1 Absatz 1, § 28 Absatz 1 lfSG) sowie der Umstand, dass die betroffenen Krankheiten nach ihrem Ansteckungsrisiko und ihren Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen unterschiedlich sind. Angesichts dessen ist ein am Gefährdungsgrad der jeweiligen Krankheit orientierter flexibler Maßstab heranzuziehen. Nach der Einschätzung des vom Gesetzgeber in § 4 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Nr. 1 lfSG hierzu vorrangig berufenen Robert-Koch Institutes wird die Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung derzeit insgesamt als sehr hoch eingeschätzt.
Vor dem Hintergrund der hohen Fallzahlen an Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus im gesamten Bundesgebiet, dem Land Schleswig-Holstein sowie der hohen Anzahl an Erkrankungen an COVID-19 im Kreis Ostholstein müssen weiterhin wirksamere Maßnahmen zur Verzögerung der Ausbreitungsdynamik und zur Unterbrechung von Infektionsketten ergriffen werden. Effektive Maßnahmen sind dringend notwendig, um im Interesse des Gesundheitsschutzes die dauerhafte Aufrechterhaltung der wesentlichen Funktionen des Gesundheitssystems sowie der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf dem Gebiet des Kreises Ostholstein sicherzustellen. Die großflächige Unterbrechung, Eindämmung bzw. Verzögerung der Ausbreitung des neuen Erregers stellt das einzig wirksame Vorgehen dar, um diese Ziele zu erreichen.
Im Kreis Ostholstein ist es in den letzten Wochen vermehrt zu Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus gekommen. Die 7-Tage Inzidenz der SARS-CoV-2 Fälle liegt aktuell bei über 80 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner. Es liegt ein zunehmend diffuses Geschehen mit einer ansteigenden Anzahl an Fällen vor. Dies lässt erkennen, dass sich das SARS-CoV-2-Virus im Kreis Ostholstein ausgebreitet hat. Maßnahmen zur Eindämmung sind deshalb im Rahmen der getroffenen Regelung erforderlich. Um das Infektionsgeschehen einzudämmen, bedarf es im Kreis Ostholstein zurzeit weiterer Einschränkungen auch im Bereich der Kindertagesbetreuung. Dies betrifft auch die Notbetreuung.
Die bisher vorliegenden Erkenntnisse zur Entwicklung des Infektionsgeschehens zeigen deutlich, dass eine Ansteckung mit COVID-19 in Kindertageseinrichtungen in erster Linie durch Erwachsene passiert. Das zuverlässige Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung durch erwachsene Personen in einer Kindertageseinrichtung bietet also einen wichtigen Schutz für alle Beteiligten. Zudem ist – anders als im Frühjahr 2020 – eine Mund-NasenBedeckung für Kinder eher alltäglich geworden, so dass von einem gewissen Gewöhnungseffekt ausgegangen wird. Ein Verschrecken der Kinder durch das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung durch die Fachkräfte ist somit nicht zu befürchten. Zudem ermöglicht die Umsetzung dieser Maßnahme, dass im Falle einer Infektion die Kinder ggf. nicht als Kontaktperson der Kategorie I zählen würden und somit die Konsequenzen deutlich geringer wären: Für Kinder würde nicht in allen Fällen eine Quarantäneanordnung erfolgen. Mit Blick auf das Wohl des Kindes kann es gleichwohl notwendig sein, dass die Fachkräfte situationsabhängig auf das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung vorübergehend verzichten (z. B. zur gezielten Sprachförderung oder beim Streitschlichten und Trösten).
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch beim Kreis Ostholstein, Der Landrat, Lübecker Str. 41, 23701 Eutin, erhoben werden.
Hinweis
Diese Allgemeinverfügung ist gemäß § 28 Absatz 3 i. V. m. § 16 Absatz 8 IfSG sofort vollziehbar. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.
Auf Antrag kann die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ganz oder teilweise angeordnet werden. Der Antrag ist beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht, Brockdorff-Rantzau-Str. 13, 24837 Schleswig zu stellen.
Eutin, 09.01.2021
Kreis Ostholstein
Der Landrat
Fachdienst Gesundheit
Reinhard Sager
Landrat